Im Wirtschaftsausschuss des Hessischen Landtags fand heute die parlamentarische Anhörung zur Novelle des Vergabe- und Tariftreuegesetz des Landes statt. Dabei übten viele der zu Anhörung Geladenen deutliche Kritik am Gesetzentwurf der schwarzgrünen Regierungskoalition. Die Fachsprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Elke Barth, fasste nach der Anhörung zusammen: „Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist ein Fiasko. Schwarzgrün hat es tatsächlich geschafft, zum ohnehin kritikwürdigen Vergabe- und Tariftreuegesetz eine Novelle vorzulegen, die ein schlecht gemachtes Gesetz noch schlechter machen würde. Die Kritik der Anzuhörenden, vom Städtetag über die Umweltverbände bis zur Bauindustrie, ist überdeutlich. Der Gesetzentwurf muss vollständig überarbeitet werden und kann aus meiner Sicht auf keinen Fall vor der Sommerpause im Plenum des Landtags behandelt werden.“

Das Versprechen von Schwarzgrün sei es gewesen, ökologische und soziale Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge stärker zu berücksichtigen, so Elke Barth. Tatsächlich aber bescheinigten beispielsweise die Naturfreunde Hessen der Gesetzesnovelle eine „begrenzte Wirkungstiefe“, weil konkrete Vorgaben zum Umwelt- und Klimaschutz fehlten. „Der Regierungsentwurf handelt das Thema ‚Nachhaltigkeit bei der Auftragsvergabe‘ in einem einzigen Satz ab – das ist lächerlich“, so Elke Barth.

Auch bei der Verpflichtung auf soziale Standards für Auftragnehmer sei die Novelle mangelhaft. Barth sagte: „Der Hessische Städtetag ist mit uns der Auffassung, dass der bisherige Katalog an Sozialkriterien hilfreich war – trotzdem soll er gestrichen werden. Und dass nicht einmal die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen für Auftragnehmer der öffentlichen Hand verpflichtend sein soll, kritisieren zahlreiche Verbände und die Gewerkschaften. Der Versuch von Schwarzgrün, so etwas als ‚Verbesserung‘ zu verkaufen, ist geradezu dreist.“

Ebenfalls falsch sei die Anhebung der Wertgrenzen, bei deren Erreichen eine öffentliche Ausschreibung zwingend wird, so Barth. Die Ausweitung der Möglichkeiten für eine freihändige Auftragsvergabe führe zu weniger Transparenz, zu weniger Wettbewerb, zu einer Verzerrung der Chancengleichheit. Dieselbe Kritik habe in der Anhörung auch der Verband der Bauindustrie geäußert. Dass die Regierungskoalition außerdem die Verpflichtung der Auftraggeber, unangemessen niedrige Angebote kritisch zu überprüfen, streichen wolle, sei absurd, so Elke Barth. An diesem Punkt stehe der schwarzgrüne Gesetzentwurf auch bei der Architekten- und Stadtplanerkammer heftig in der Kritik.

„Ob bei der Beschaffung von Masken, Desinfektionsmitteln oder Testkits – wie anfällig beschleunigte und freihändige Vergaben für Betrug und Korruption sind, haben wir in der Corona-Krise alle gesehen. Im Alltag brauchen wir deswegen nicht weniger, sondern mehr erprobte und transparente Verfahren zur Korruptionsvermeidung und zur Qualitätssicherung. Der Gesetzentwurf von Schwarzgrün geht komplett in die falsche Richtung – jede Kritik, die wir bereits im Vorfeld geäußert haben, ist heute in der Anhörung bestätigt worden“, konstatierte Barth.