In der Plenardebatte über den Landeshaushalt für die Jahre 2023 und 2024 heute im Hessischen Landtag hat der haushaltpolitische Sprecher und stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion den Haushaltsentwurf der Landesregierung nachdrücklich kritisiert. Das von CDU-Finanzminister Boddenberg vorgelegte Zahlenwerk sei in Teilen nicht seriös finanziert, es werde den massiven politischen Herausforderungen im Hier und Jetzt nicht gerecht und treffe keine Vorsorge für die Zukunft.
Marius Weiß sagte:
„Was wir brauchen – und was sich im Landeshaushalt abbilden muss – ist ein energisches, konsequentes und schnelles Handeln der politisch Verantwortlichen in der Krise und gegen die Krise, damit dieses Land zusammengehalten wird und die Sorgen der Menschen nicht von Demokratieverächtern für ihre Zwecke kanalisiert werden.“
Weiß stellte fest, dass das Land Hessen – wie alle Bundesländer – bei den Einnahmen deutlich besser dastehe als der Bund: Hessen erwarte nächstes Jahr 2,4 Milliarden Steuern mehr als in diesem Jahr. Das sei ein Zuwachs von fast zehn Prozent. „Das liegt an der Inflation und an der starken hessischen Wirtschaft, die der Krise – noch – trotzt. Aber der Anteil dieser Landesregierung und dieses Finanzministers daran liegt bei null. Die steigenden Steuereinnahmen sind quasi ‚Zufallsgewinne‘, wie man Neudeutsch sagt“, so Marius Weiß.
In dieser Situation sei es keine Leistung, den Haushalt im Jahr 2023 ohne Nettokreditaufnahme und ohne Griff in die allgemeine Rücklage auszugleichen. Trotz noch weiter steigender Einnahmen in den Folgejahren aber plane der Finanzminister für 2024 immerhin 190 Millionen Euro aus der Rücklage zu entnehmen, die damit fast aufgebraucht sei. Marius Weiß sagte: „Minister Boddenberg übergibt der Nachfolgeregierung eine leere Kasse, das steht mit diesem Doppelhaushalt fest. Wer so agiert, der geht ganz offensichtlich davon aus, dass er mit der Aufstellung des Haushalts 2025 nichts mehr zu tun hat – und zumindest an diesem Punkt sind wir uns mit dem Minister einig.“
Viele Planungen aus dem Haushaltsentwurf 2023/2024 stellten leere Versprechungen dar: So solle beispielsweise der CDU-Kultusminister 4.000 neue Lehrerstellen bekommen, von denen aber jeder wisse, dass sie nicht besetzt werden könnten, weil keine qualifizierten Bewerber verfügbar seien. „Das sind reine Phantom-Stellen, das sind Pappkameraden, die eine heile Schulwelt vorgaukeln sollen, um die bildungspolitische Wüste dahinter zu verdecken. Und die schöne Zahl 4.000, die braucht die CDU offensichtlich für ihre Wahlplakate im kommenden Landtagswahlkampf. Mit dem wirklichen Leben aber hat diese Zahl nichts zu tun“, stellte Weiß fest.
Auch für den Bereich des ebenfalls CDU-geführten Justizministeriums sei ein deutlicher Stellenaufwuchs geplant, auch hier sei es unwahrscheinlich, dass die Stellen besetzt werden könnten. „Im Ergebnis“, so Marius Weiß, „ist dann für das dritte wichtige CDU-Ministerium, das Innenministerium, nichts mehr übriggeblieben: Schlappe 40 neue Stellen für die Polizei sieht der Entwurf des Doppelhaushalts vor – das sind gerade einmal 20 pro Jahr. Vor allem aber ist das ein Schlag ins Gesicht der Polizeibeamtinnen und –beamten, denen Schwarzgrün mit diesem Haushalt sagt: Ihr habt in den nächsten zwei Jahren keine Verbesserung eurer Arbeitssituation zu erwarten, nicht von dieser Landesregierung und nicht von diesem Innenminister. Das ist schlicht beschämend.“
Bei den von den Grünen geführten Ministerien mache der Haushaltsentwurf vor allem das Wirtschafts- und Verkehrsministerium zu einem echten Problemfall, konstatierte Marius Weiß, der sagte: „Beim ÖPNV beklagen die Kommunen eine Unterdeckung von mindestens 427 Millionen Euro in den nächsten beiden Jahren – aber der verantwortliche Minister Al-Wazir weigert sich, zu zahlen. Anders gesagt: Wenn bei der Mobilitätswende für Hessen einer auf der Bremse steht, das ist das der Ankündigungsminister Al-Wazir. Nur drei Prozent des ÖPNV in unserem Land werden aus originären Landesmitteln finanziert, und wenn es ein Verkehrsminister schafft, in fast neun Jahren Amtszeit seinem ÖPNV eine Finanzierungslücke von einer halben Milliarde Euro zu bescheren, dann ist das ein Armutszeugnis – vor allem für einen Minister von den Grünen.“
Auch für die Maßnahmen gegen die aktuelle Energiepreiskrise biete der Haushaltsentwurf keine klare Basis, kritisierte Marius Weiß. Der angekündigte Krisenfonds im Umfang von 200 Millionen Euro solle – so die bisherigen Aussagen des Finanzministers – aus einem angeblichen Puffer finanziert werden, der sich in dem Zahlenwerk für 2023 finde. „Aber wenn das Geld wirklich aus dem Haushalt für 2023 fließen soll, dann ist es wahrscheinlich zu spät, denn der Hessische Landtag wird den Haushalt erst Ende Januar beschließen – und dann ist der Winter zu zwei Dritteln vorbei. Die Tafeln, die Sportvereine, die Menschen brauchen aber jetzt Hilfe, nicht erst in drei Monaten“, sagte Marius Weiß, der resümierte: „Der Haushaltsentwurf für 2023/2024 bildet ab, dass sich die Regierungsparteien CDU und Grüne auf den Landtagswahlkampf vorbereiten, aber er wird dem, was die Menschen und die Unternehmen in Hessen wirklich brauchen, schlichtweg nicht gerecht. Dieser Haushalt entspricht nicht der Leistungsfähigkeit unseres starken Landes. Und er zeigt einmal mehr, dass Schwarzgrün Hessen unter Wert regiert.“