Der Bezirk Hessen-Thüringen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hat die schwarzgrüne Landesregierung für die Novellierung des Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetzes in einer Pressekonferenz scharf kritisiert. Die für den Vergabebereich zuständige Sprecherin der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Elke Barth, begrüßte und unterstützte die Gewerkschaftskritik. Barth warf der schwarzgrünen Landesregierung vor, die Realität bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen bewusst auszublenden.

Barth sagte dazu am Dienstag in Wiesbaden: „Die Kritik des DGB können wir vollumfänglich unterstützen. Der im Spätsommer vorgelegte Evaluationsbericht ist das Papier nicht wert, auf dem er gedruckt ist. Man muss sich schon die Frage stellen, ob ein Bericht, der erst mit über einem Jahr Verspätung durch die schwarzgrüne Landesregierung vorgelegt wird und lediglich fünfzehn Seiten Papier umfasst, wirklich ernst gemeint ist. Als Basis für den Bericht dient eine Abfrage durch das statistische Landesamt bei den Vergabestellen. Dabei handelt es sich um Daten, die bereits im Dezember 2018 ausgewertet und an das zuständige Sozialministerium weitergegeben wurden. Was zwischen Dezember 2018 und Ende Juli 2019 nun geschehen ist, können wir nur erahnen.“

Weder seien die Gewerkschaften, noch die Beratungsstelle Faire Mobilität, vor allem auch nicht der Zoll und die Sozialkassen der Bauwirtschaft (SOKA-Bau) in die Evaluierung mit einbezogen worden. Es sei offensichtlich nicht beabsichtigt gewesen, Schwachstellen des Vergabe- und Tariftreuegesetzes zu erkennen und gegebenenfalls zu korrigieren.

„Der Vergleich mit Evaluierungsberichten zu Vergabegesetzen anderer Bundesländer zeigt den mangelnden Willen der Landesregierung zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme des Gesetzes. In den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Schleswig-Holstein wurden die Berichte durch externe Unternehmen angefertigt und umfassen zwischen 190 und 300 Seiten. In den genannten Ländern wurden zudem auch Gewerkschaften und NGOs in die Evaluation miteinbezogen und befragt“, sagte Barth.

Die zuletzt veröffentlichten Zahlen der SOKA-Bau hätten ergeben, dass in keinem anderen westlichen Bundesland niedrigere Durchschnittslöhne im Bauhauptgewerbe gezahlt würden, als in Hessen. Der westdeutsche Bau-Durchschnittslohn liege bei 17,40 Euro, mit Hamburg (18,33 Euro) und Bremen (17,78 Euro) an der Spitze.  Währenddessen werde in Hessen lediglich ein Durchschnittslohn von 16,28 Euro gezahlt, in Frankfurt und Wiesbaden sogar nur 13,45 Euro beziehungsweise 13,39 Euro.

„Diese niedrigen Löhne sind eine Konsequenz mangelnder öffentlicher Kontrollen. Dies ist nicht hinnehmbar, da der öffentliche Sektor einen Vorbildcharakter hat und mit zwanzig Prozent des nationalen Inlandsprodukts, sowie fünfzig Prozent des Bauvolumens insgesamt eine Marktmacht repräsentiert“, führte die SPD-Politikerin aus.

Die SPD schließe sich den Forderungen des DGB an und dränge auf eine ehrliche Bestandsaufnahme des Gesetzes, aus der dann ein in wesentlichen Punkten verändertes Vergabe- und Tariftreuegesetz stehen müsse, damit Tariftreue in Hessen endlich realisiert werden könne.

„Schon bei Einführung des Gesetzes haben wir kritisiert, dass die Landesregierung keine Prüfbehörde mit Stichprobenkontrollen vorgesehen hat. Dies rächt sich nun. Ein Gesetz ohne Kontrollen funktioniert nicht“, sagte Elke Barth.