Zur Presseinformation des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration bzgl. der Bezuschussung der sogenannten „Clearingstellen“ in Kassel sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Dr. Daniela Sommer:
„Clearingstellen können den Zugang zu notwendiger Gesundheitsversorgung für alle Menschen schaffen. Aus unterschiedlichsten Gründen gibt es viele Nichtversicherte. Sie alle haben aber das Problem, bei akuten gesundheitlichen Problemen keinen Zugang zur Versorgung zu haben – sie sind faktisch davon ausgeschlossen.“
Nach wie vor gebe es in Hessen keine flächendeckende Zuständigkeit für Menschen ohne Krankenversicherungsschutz. In Deutschland waren laut statistischem Bundesamt mindestens 61.000 Menschen nicht versichert. Man gehe zudem von einer großen Dunkelziffer aus. In Thüringen gebe es eine über die Landesregierung geförderte zentrale Clearingstelle mit insgesamt 30 Ausgabestellen für einen anonymen Behandlungsschein. In NRW und Rheinland-Pfalz wird zumindest landesgefördertes Clearing angeboten. Hessen hinke weiter hinterher und komme nur langsam seiner Verantwortung und seinen Versprechen nach.
Durch die Bezuschussung, so Sommer, werde keine Flächendeckung erzielt. Die Landesregierung ruhe sich weiter darauf aus, dass die Versorgungslücke durch ehrenamtliche Arbeit und den Einsatz von Hilfsorganisationen nicht verschlimmert werde. „Es sind in Hessen zivilgesellschaftliche Einrichtungen, die sich gezwungen sehen, medizinische Versorgung und Beratung anzubieten, weil es die Landesregierung aus CDU und Grünen bis zum Ende der Legislaturperiode nicht geschafft hat, die Gesundheitsversorgung von Nichtversicherten sicherzustellen. Schwarzgrün kommt derzeit seiner menschenrechtlichen Verpflichtung in diesem Bereich nicht nach“, kritisierte Sommer.
Sie erinnert daran, dass die Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt habe „zu prüfen, in welcher Form ein Fonds eingeführt werden kann, der eine anonyme Krankenbehandlung ermöglicht. Dabei können Modelle des anonymen Krankenscheins aus anderen Ländern Vorbild sein.“
Bislang sei es aber nur bei einem Bekenntnis geblieben, ein Dialog mit den Medinetzen oder Trägern der freien Wohlfahrtspflege hinsichtlich einer konkreten Ausgestaltung eines Konzepts oder den Möglichkeiten der Umsetzung habe bisher nicht stattgefunden.
Der anonyme Krankenschein und die Clearingstellen müssten zusammengedacht werden, um sie effizient und die Zugänge so barrierefrei wie möglich zu gestalten. „Mit dem anonymen Behandlungsschein wird jedem Menschen ohne Krankenversicherungsschutz die anonyme Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen gewährt. In einem umfassenden sozialrechtlichen Clearing wird außerdem geprüft, inwiefern ein Recht auf Leistungen einer Krankenversicherung besteht bzw. unter welchen Voraussetzungen und wo ein Krankenversicherungsschutz wiederhergestellt werden kann. So kann ein Teil der Ausgaben aus dem Gesundheitsfonds refinanziert werden.“
Dr. Daniela Sommer kritisiert abschließend, dass kein tragfähiges, ganzheitliches Konzept entwickelt wurde: „Auch wenn eine weitere Clearingstelle einigen Betroffenen im Raum Kassel nun Hilfe bieten wird, ist die Gesamtsituation alles andere als zufriedenstellend und sollte alle Verantwortlichen aufrütteln, endlich die Gruppe der Nichtversicherten in den Fokus zu rücken und besser zu unterstützen, gesundes Aufwachsen, gesundes Leben und gesundes Altern für alle Menschen in Hessen gleichermaßen zu ermöglichen. Es braucht Clearingstellen, eine Verpflichtung der Kassen zur Rückkehr in den Versicherungsschutz ohne hohe Hürden für Betroffene sowie den anonymen Krankenschein. Nur mit allen Bausteinen kann das Land Hessen seiner Verpflichtung in der Gesundheitsversorgung, auch für nichtversicherte Menschen, ein Stück näherkommen. Jeder Mensch hat das Recht auf das ‚jeweils höchste erreichbare Maß an körperlicher und geistiger Gesundheit‘. Dieser Verpflichtung und diesem Ziel kommt Hessen leider nicht nach.“