Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Günter Rudolph, hat die Landesregierung aus CDU und Grünen dazu aufgerufen, im Umgang mit den so genannten „NSU-Akten“ endlich Transparenz herzustellen, um das Vertrauen in den Rechtsstaat und sein Handeln zu stärken.

In der Plenardebatte des Landtags über einen entsprechenden Antrag der SPD sagte Rudolph am Mittwoch:

„Es kann keinen Zweifel daran geben, dass die größte Gefahr für unsere Demokratie, unseren Rechtsstaat und unser friedlichen Zusammenleben in diesen Zeiten vom Rechtsextremismus ausgeht. Vertreterinnen und Vertreter des Staates werden beleidigt und bedroht, staatliche Institutionen verächtlich gemacht. Genau deswegen müssen diejenigen, die politische Entscheidungen für unser Staatswesen zu treffen haben, dafür sorgen, dass das staatliche Handeln über Zweifel erhaben ist. Ein ganz wesentliches Instrument dafür ist – Transparenz. Und genau daran mangelt es im Umgang der schwarzgrünen Landesregierung mit den so genannten ‚NSU-Akten‘.

Wir sprechen hier von einem Sachstandbericht des Landesamtes für Verfassungsschutz, den der damalige Innenminister und heutige Ministerpräsident Boris Rhein 2012 in Auftrag gegeben hat, um sich einen Überblick über den Kenntnisstand seiner Behörden zu der Mörderbande namens NSU zu verschaffen, die den Kasseler Bürger Halit Yozgat erschossen hat. Ein Bericht übrigens, den er dann nie gelesen haben will.

Das Papier, das der Minister seinerzeit also angeblich nicht zur Kenntnis genommen hat, erschien seinem Nachfolger und dem Rest der Landesregierung als so brisant, dass es zunächst für 120 Jahre als ‚geheim‘ eingestuft und unter Verschluss gehalten werden sollte. Dass die Geheimhaltungsfrist später auf ‚nur‘ 30 Jahre reduziert wurde, ändert nichts an der Tatsache, dass diese Geheimniskrämerei vor allem ein Ergebnis hatte: Misstrauen gegenüber dem Staat und seinen Institutionen. Denn es entstand der Eindruck, dass etwas vertuscht werden sollte.

Um es klar zu sagen: Eine wirkliche Aufklärung des NSU-Komplexes und des vom NSU verübten Mord an Halit Yozgat hat in Hessen nicht stattgefunden. Dabei schuldet der Rechtsstaat den Opfern des rechten Terrors und ihren Angehörigen – von Halit Yozgat über die Toten der Terrornacht von Hanau bis zu Dr. Walter Lübcke – Aufklärung, Transparenz und Ehrlichkeit in Bezug auf mögliche Fehler von Behörden.

Nun kennt die Öffentlichkeit den geheimen NSU-Bericht inzwischen, weil Jan Böhmermann ihn veröffentlicht hat. Der Bericht zeichnet ein desolates Bild des Landesamtes für Verfassungsschutz, das über weite Strecken organisatorisch, technisch und fachlich nicht in der Lage war, seine Aufgabe wahrzunehmen. Aber das wusste man doch schon, denn das haben gleich mehrere Untersuchungsausschüsse des Hessischen Landtags deutlich herausgearbeitet.

Warum also diese Heimlichtuerei um den NSU-Bericht, warum das Versteckspiel der Landesregierung, warum so wenig Transparenz?

Fehler einzugestehen und sich dafür zu entschuldigen, ist kein Zeichen politischer Schwäche, sondern ein Zeichen von Größe und ein erster Schritt auf dem Weg, Vertrauen in den Staat und sein Handeln wiederherzustellen. Deswegen appelliere ich an die Grünen, die sich immer als kritische Partei der Bürgerrechte darstellen, und an die CDU, die seit 23 Jahren die hessischen Innenminister stellt: Machen Sie sich ehrlich, sagen Sie, was wirklich war, und schaffen Sie Transparenz. Das wäre ein starkes Signal an die Öffentlichkeit und an die Hinterbliebenen der Opfer des rechten Terrors in unserem Land.“