Die Umstände der Vergabe und der darauf folgenden Aberkennung des Hessischen Kulturpreises an den Wissenschaftler und Journalisten Navid Kermani durch die Hessische Staatskanzlei sind eine Katastrophe für die Integrationspolitik in Deutschland und eine Blamage für das Land Hessen, sagte der Vorsitzende der Frankfurter SPD Gernot Grumbach.
Der interreligiöse und interkulturelle Dialog zwischen den unterschiedlichen Gruppen in unserem Land dürfen keine Alibiveranstaltungen für Machtpolitiker sein. Das gegenseitige Gespräch ist vielmehr Kernstück der Zukunftsdefinition der offenen Kulturnation Deutschland und der kulturellen Selbstbestimmung ihrer Bürger. Roland Koch schadet einer offenen Kultur; er trampelt durch die Fallstricke der sensiblen Integrationspolitik, als seien Toleranz und friedliches Miteinander selbstverständlich und durch nichts zu gefährden, so Grumbach.
Dass der angesehene Publizist Navid Kermani die Kränkung erst durch den Anruf eines Journalisten erfuhr, verletzt die einfachsten Regeln des Anstands. Doch mit der Rücknahme des Hessischen Kulturpreises unter so unwürdigen Umständen hat Koch nicht nur dem gefoppten Preisträger den Respekt versagt. Die Kränkung trifft auch die anderen Muslime in Deutschland, die Kermanis Überzeugungen teilen. Die Einschätzung der Kreuzestheologie als Torheit und Ärgernis ist seit dem Apostel Paulus bekannt und im Neuen Testament als selbstverständliche Voraussetzung des Gesprächs mit Nichtchristen von eben diesem Paulus akzeptiert. Wenn die christliche Kirchenführer Kardinal Karl Lehmann und Professor Peter Steinacker die Artikulation der Unterschiede in den jeweiligen Vorstellungen durch einen muslimischen Intellektuellen nicht akzeptieren können oder wollen, ist das ihre Sache. Der Ministerpräsident eines Bundeslandes, an dessen Schulen und Hochschulen islamische Religion gelehrt werden soll, kann und darf sich diese religionsinterne Sicht nicht zu eigen machen, erläuterte der Vorsitzende.
Roland Koch muss sich nicht nur bei dem geschädigten Preisträger öffentlich entschuldigen. Er muss vor allem endlich den muslimischen Mitbürgern in Hessen ohne Lavieren und Tricks durch respektvolles Handeln glaubhaft vermitteln, dass ihre religiösen Überzeugungen genauso unter dem Schutz der Verfassung stehen, wie die ihrer christlichen Mitbürger, fordert der Vorsitzende der Frankfurter SPD Gernot Grumbach.