Zur Regierungserklärung des hessischen Innenministers Roman Poseck unter dem Titel „Gemeinsam für die Sicherheit in Hessen“ sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin und innenpolitische Sprecherin der SPD Fraktion, Lisa Gnadl:

„Die in der letzten Woche vorgestellte Kriminalstatistik hat gezeigt: Hessen ist insgesamt ein sicheres Land. Die Aufklärungsquote von Straftaten liegt bei 63,2 Prozent – ein, über die letzten zwanzig Jahre betrachtet, guter Wert. Dennoch beobachten wir eine Steigerung der Deliktzahlen und können Bereiche ausmachen, die die besondere Aufmerksamkeit unserer Sicherheitsbehörden erfordern, etwa antisemitische und rechtsextremistische Straftaten, Häusliche Gewalt, Kindesmissbrauch und Missbrauchsdarstellungen, aber auch zunehmende Angriffe auf Einsatzkräfte.“

Den Anstieg der Zahl antisemitischer Straftaten um 224 Prozent sieht Gnadl in Verbindung mit dem Konflikt im Nahen Osten. Das könne man auch an der Steigerung seit Oktober letzten Jahres ablesen. „Diese Menge an antisemitischen Straftaten ist für uns als Gesellschaft und für dieses Land mit seiner Historie besonders beschämend. Unser Ziel kann kein anderes sein, als dass jüdisches Leben und jüdische Einrichtungen in unserem Land angstfrei existieren können. Straftaten in diesem Bereich müssen unverzüglich geahndet werden. Aber auch Prävention spielt eine entscheidende Rolle: Wir müssen in der schulischen und der außerschulischen Bildungsarbeit verdeutlichen, dass Meinungsstreit legitim und erwünscht ist, dass aber eine harte Grenze erreicht ist, wenn der Respekt vor dem Anderen verloren geht, wenn mit Beleidigungen und Vorurteilen gearbeitet oder gar Gewalt legitimiert und ausgeübt wird.“

Die Steigerung rechtsextremistischer Straftaten um 400 Fälle sieht Gnadl mit Besorgnis. Hier sei es unerlässlich, dass die Sicherheitsbehörden – insbesondere mit der Besonderen Aufbauorganisation (BAO) „Hessen R“ der Landespolizei und dem Verfassungsschutz – den Druck auf rechtsextreme Strukturen aufrechterhalten und verstärken. Wichtig sei auch die konsequente Umsetzung der Handlungsempfehlungen aus dem Untersuchungsausschuss Hanau. „Gerade wir in Hessen haben mit dem Attentat in Hanau und dem Mord an Dr. Walter Lübcke gesehen, wohin ein von rechtsextremer Propaganda vergiftetes öffentliches Klima führen kann. Vor diesem Hintergrund ermutigt mich, wie in den letzten Wochen Hundertausende gegen Rechtsextremismus aufgestanden sind und ein Zeichen für eine friedliche und offene Gesellschaft gesetzt haben“, so Gnadl.

Einen Höchstwert zeige die Kriminalstatistik auch bei der häuslichen Gewalt auf. Gnadl sagte dazu:

„Das Frauensicherheitspaket der Landesregierung ist ein wichtiger Baustein. Aber darüber hinaus ist es notwendig, auch die Krisen- und Erstkontaktberatungen auszubauen, die Situation der Frauenhäuser zu verbessern und spätere Übergänge aus den Frauenhäusern auf den Wohnungsmarkt zu erleichtern. Dieser Deliktbereich hat eine erhebliche Dunkelziffer, und nur mit diesen verschränkten Maßnahmen können wir möglichst viele Betroffene erreichen.“

Besonders bedrückend sei zudem die Zahlen der Straftaten, die Missbrauchsdarstellungen von Kindern betreffen. „Oft ist in diesen Deliktbereichen die IP-Adresse der einzige Anhaltpunkt – der Punkt an dem sich entscheidet, ob die Beamtinnen und Beamten im Fall einer Missbrauchsdarstellung weiterkommen oder nicht. Und damit auch, ob weiterer Missbrauch von Kindern in der realen Welt verhindert wird. Deshalb setzten wir uns in Abwägung aller Rechtsgüter für die Speicherung von IP-Adressen bei diesen Straftatbeständen ein.“

Die gestiegene Zahl an Angriffen auf Einsatzkräfte hält Gnadl für nicht tolerabel und zieht eine Verbindung zu dem in Teilen verrohten öffentlichen Klima gegenüber so gesehenen Vertreterinnen und Vertretern des Staates: „Diese Angriffe müssen mit der vollen Härte des Rechtsstaates verfolgt und bestraft werden. Nicht zuletzt wegen dieser Gefahren des Polizeiberufs hat sich die neue Landesregierung auf eine Anhebung der Polizeidienstzulage auf 160 Euro geeinigt. Denn die Arbeit unserer Polizei und Sicherheitsbehörden dient auch unserer Demokratie. Sie gewährleistet Sicherheit in einer Zeit, in der von Rechtsaußen mit Verunsicherung und Bedrohungsszenarien Populismus betrieben wird. Damit sind unsere Sicherheitsbehörden auch eine tragende Säule eines friedlichen und pluralen Gemeinwesens“, bilanzierte Lisa Gnadl.