Die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) hat heute ihre Forderungen an die künftige Landespolitik vorgestellt. Zu den Thesen und Forderungen der VhU sagte der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Günter Rudolph:

„Die VhU gibt vor, die Zukunft gestalten zu wollen, hat aber nur Ideen von vorgestern im Angebot. Wer, wie die Unternehmerverbände, ein ‚Jahrzehnt des Verzichts‘ ausruft, dokumentiert eine erstaunliche Loslösung von der gesellschaftlichen und sozialen Wirklichkeit in Hessen, Deutschland und Europa. Die zurückliegenden Krisenjahre haben bewiesen, dass ein demokratisches Gemeinwesen nur zusammengehalten werden kann, wenn der Staat in jeder Hinsicht stark und handlungsfähig ist. Dieser Realität des Jahres 2022 versucht die VhU neoliberale Klassiker aus der Mottenkiste des letzten Jahrhunderts entgegenzusetzen, die sich allesamt als untauglich für die Lösung komplexer volkswirtschaftlicher Fragestellungen erwiesen haben.

Natürlich sind solide Staatsfinanzen das Ziel von seriöser Politik. Aber entscheidend ist, dass der demokratische Rechtsstaat handlungsfähig bleibt und die Daseinsvorsorge für seine Bürgerinnen und Bürger sicherstellen kann – nicht nur in Krisenzeiten, sondern immer. Die Haushalte der öffentlichen Hand werden nicht nach betriebswirtschaftlichen Kriterien aufgestellt, sondern an ihrem volkswirtschaftlichen Nutzen ausgerichtet. Die ‚Schwarze Null‘ kann daher nicht das einzige Ziel aller politischen Entscheidungen sein.

Ein kleingesparter Staat, wie ihn sich die VhU wünscht, wäre beispielsweise nicht imstande gewesen, den Unternehmen in Deutschland mit Milliardenzahlungen durch die Corona-Pandemie zu helfen. Er wäre auch nicht zu Investitionen in die Infrastruktur, also in die Zukunft, imstande. Und er könnte nicht auf geostrategische Herausforderungen wie den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine reagieren.

Geradezu grotesk erscheint die Forderung nach Personal- und Gehaltseinsparungen bei der Polizei und bei den Schulen. Denn sie mag Leuten sinnvoll erscheinen, die sich im Zweifel einen privaten Wachdienst und die Gebühren für eine Privatschule leisten können. Alle anderen – und das ist die überwiegende Mehrheit der Menschen in unserem Land – müssen derlei Forderungen als einen Anschlag auf die Zukunft ihrer Kinder und auf die Sicherheit von uns allen empfinden.

Vielleicht wollte die VhU ja nur provozieren, um eine politische Debatte in Gang zu setzen. Bedauerlicherweise taugen die heute vorgestellten Thesen und Forderungen aber nicht als Grundlage für eine seriöse Diskussion. Denn dazu sind die Ideen der VhU gesellschafts-, sozial- und wirtschaftspolitisch zu schlicht.“