Der Hessische Landtag hat heute in einer aktuellen Stunde über die ungeklärten Fragen debattiert, die sich ein Jahr nach dem rassistischen Terroranschlag von Hanau stellen. Dabei übte die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Nancy Faeser, erneut scharfe Kritik an Innenminister Peter Beuth (CDU), dem es sowohl an Aufklärungswillen als auch an Empathie für die Opfer und deren Hinterbliebenen fehle.
„Ein Jahr nach dem Anschlag hat der Innenminister noch immer kein Gespräch mit den Angehörigen und Hinterbliebenen geführt. Er ist an einem solchen Gespräch offenkundig nicht interessiert. In dieser Woche hat der Innenminister dann zugeben müssen, dass der Polizei-Notruf in Hanau in der Tatnacht personell unterbesetzt, technisch überlastet und deswegen nicht erreichbar war. Die Pressemitteilung mit diesem Eingeständnis hat das Innenministerium verschickt, während hier im Landtag die Gedenkfeier für die Opfer des Anschlags stattfand – das war hochgradig respektlos gegenüber den Angehörigen, aber auch gegenüber dem Landtag und seinem Präsidenten“, stellte Faeser fest.
Allein der Beharrlichkeit der Angehörigen und der Medien sei es zu verdanken, dass die Nichterreichbarkeit des Notrufs und andere kritikwürdige Begleitumstände der rechtsterroristischen Attacke überhaupt thematisiert worden seien, während sich der verantwortliche Innenminister seit nunmehr einem Jahr in Schweigen hülle.
Nancy Faeser sagte: „Im Raum steht eine schreckliche Vermutung: Könnte Vili-Viorel Păun noch leben, wenn der Notruf erreichbar gewesen wäre und die Polizei die Chance gehabt hätte, ihm von der Verfolgung des Attentäters abzuraten? Ich könnte nachts nicht mehr schlafen, wenn ich an der Stelle des Innenministers wäre und mir diese Fragen stellen müsste.“
Ihre Fraktion habe die Herausgabe der Ministeriumsakten an den Innenausschuss des Landtags beantragen müssen, weil Beuth nachhaltig den Eindruck erweckt habe, an der Aufklärung von möglichen Versäumnissen und Fehlern nicht interessiert zu sein. Wesentliche Informationen gebe der Minister nur auf öffentlichen Druck heraus. „Damit verstärken und verlängern Sie das Leid der Angehörigen. Und Sie verspielen das Vertrauen aller Bürgerinnen und Bürger in die Zuverlässigkeit der Institutionen unseres Staates“, so Nancy Faeser.