Im "Sozialdemokrat" diskutiert Gernot Grumbach in einem Interview über die Parteireform und geht der Frage nach dem Profil der SPD genauer auf den Grund.
Sozialdemokrat: Gernot, du hast die Organisationsreform des Parteivorstands kritisiert. Was läuft falsch?
Gernot Grumbach: Ich fürchte um die SPD als Mitgliederpartei. Die SPD muss eine Partei bleiben, die einer breiten Basis an Mitgliedern Raum bietet. Daher müssen wir die Rechte unserer Mitglieder stärken und ihnen den nötigen Raum und die Zeit geben, mitzumachen und Entscheidungen treffen zu können – auch neben dem Beruf und der Familie.
Sozialdemokrat: Die Kritiker der Parteireform gelten als antiquiert.
Gernot Grumbach: Mitgliederbeteiligung ist doch modern. Das heißt aber echte Beteiligung bei Inhalten und Personen. Und zwar nicht nur kommunal sondern auch auf Bundesebene. Ein Modell, dass faktisch nur noch Berufspolitiker bei zentralen Entscheidungsgremien zulässt, taugt nicht für eine Partei mit hunderttausenden von ehrenamtlichen Mitgliedern.
Sozialdemokrat: Wie kann die SPD mehr Nichtmitglieder erreichen?
Gernot Grumbach: Beim Erarbeiten von Themen und Konzepten setzen wir auf Ideen und Vorschläge aus der Bevölkerung, Verbänden und Vereinen. Zahlreiche Nichtmitglieder standen auf unseren Listen zur Kommunalwahl. Sie leisten wertvolle Beiträge. Für uns alle gilt: Wir müssen auch außerhalb von Sitzungsräumen mit Bürgerinnen und Bürgern reden. Das kostet Zeit, ist aber ein notwendiger Schritt zum Aufbau von Vertrauen. Bürgerparteitage, offene Foren all das ist für die meisten südhessischen Unterbezirke schon lange geübte Praxis.
Sozialdemokrat: Was trauen uns die Menschen zu?
Gernot Grumbach: Unser Hauptproblem ist, dass die SPD kein klares Bild dessen vermittelt, was sie will. Um diesen Zustand zu verbessern und ein genaueres Profil zu vermitteln, müssen wir die Grundlinien unserer Politik wieder klar und unmissverständlich deutlich machen.
Sozialdemokrat: welche sind das?
Gernot Grumbach: Zu aller erst müssen wir den Markenkern stärken. Der ist und bleibt soziale Gerechtigkeit. Wer das vernachlässigt, kann keine sozialdemokratische Politik machen. Soziale Gerechtigkeit muss sich in allen wichtigen Themen wiederfinden. Also in einer Politik für Arbeit, Umwelt, Nachhaltigkeit, Steuergerechtigkeit und auch für eine bessere Bildung.
Sozialdemokrat: Was ist das Ziel bei der Reform des Steuersystems?
Gernot Grumbach: Ganz einfach, es bleibt das alte Ziel: Starke Schultern müssen mehr tragen als schwächere. Wir haben ein Defizit bei der Besteuerung von Vermögen und Erbschaften. Das sollten wir ändern und 100 Prozent in Bildung investieren. Des Weiteren stelle ich eine ungleiche Behandlung von Kapitaleinkünften und Lohneinkünften fest. Einnahmen, die wir dort erzielen, sollten wir für eine bessere Krankenversicherung einsetzen, nämlich eine Bürgerversicherung.
Sozialdemokrat: Was sind die nächsten Themen des Bezirks?
Grumbach: Der Bezirksparteitag Anfang September wird sich mit Steuerpolitik und sozialer Gerechtigkeit beschäftigen. Ebenso mit den Themen für den Bundesparteitag, wie Energie, Bildung und Bürgerversicherung.
Sozialdemokrat: Was kommt auf den Parteivorstand zu?
Gernot Grumbach: Sicherlich kluge Konzepte.
Aus: "Sozialdemokrat – Zeitung der SPD Hessen-Süd" Ausgabe Juli/August 2011