CDU-Justizministerin Eva Kühne-Hörmann hat wegen des missratenen Digitalisierungsprojekts „eJustice“ neue Kritik auf sich gezogen – diesmal aus dem Nachbarland Nordrhein-Westfalen. Das dortige Justizministerium verwahrte sich gestern energisch gegen den Versuch der hessischen Ministerin, die Verantwortung für die Kostenexplosion und die Verzögerungen in dem Projekt nach Düsseldorf abzuschieben. Der NRW-Justizstaatssekretär Dirk Wedel (FDP) stellte dabei klar, die hessischen Probleme bei der Einführung der E-Akte lägen „allein im dortigen Zuständigkeitsbereich“. Statt durch Schuldzuweisungen an andere von eigenen Problemen abzulenken, solle sich die hessische Justizministerin lieber die „pragmatische und sehr erfolgreiche Vorgehensweise in NRW zum Vorbild nehmen“.

CDU-Ministerin Kühne-Hörmann hatte Anfang der Woche erklärt, bei der Digitalisierung der hessischen Justiz seien Zeitplan und Kosten aus dem Ruder gelaufen, weil der Projektpartner Nordrhein-Westfalen auch mit vier Jahren Verzögerung nicht imstande sei, das dringend benötigte Modul „E-Akte“ zu liefern, sondern allenfalls Teilmodule anbieten könne.

Dazu sagte der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Günter Rudolph, am Freitag:

„Erst versucht die Ministerin, das Millionengrab namens ‚eJustice‘ vor der Öffentlichkeit und dem Parlament zu verstecken. Als sie es nicht mehr verstecken kann, versucht sie auf erschreckend plumpe Art, die Verantwortung auf die anderen Projektpartner abzuschieben – und nun hat sie dafür eine Klatsche von der nordrhein-westfälischen Landesregierung bekommen, die in ihrer Unmissverständlichkeit beispiellos ist. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass sich ein hessisches Kabinettsmitglied jemals von einer benachbarten – und politisch befreundeten – Landesregierung in dieser Form zurechtweisen lassen musste.

Der nordrhein-westfälische Justizstaatssekretär hat nämlich eindeutig klargestellt: Frau Kühne-Hörmann sagt die Unwahrheit. Nicht die Projektpartner sind schuld daran, dass die Digitalisierung der Gerichte in Hessen doppelt so lange dauert und mindestens sechsmal so viel kostet, wie geplant – sondern das Versagen der Projektsteuerung bei ‚eJustice‘. Und dafür trägt niemand anders die Verantwortung als die hessische Justizministerin von der CDU.

Der politische Flurschaden, den Frau Kühne-Hörmann bei dem verzweifelten Versuch, die eigene Haut zu retten, angerichtet hat, ist riesig. Eine öffentliche Entschuldigung bei den Kolleginnen und Kollegen in NRW wäre nun das Mindeste. Ich habe allerdings keine Hoffnung, dass Frau Kühne-Hörmann die dafür nötige Größe besitzt.

Der noch amtierende Ministerpräsident Volker Bouffier und sein designierter Nachfolger Boris Rhein müssen aber dringend darüber nachdenken, ob eine Ministerin, die sich in dieser Form öffentlich blamiert, künftig noch einen Platz am Kabinettstisch haben kann. Aus unserer Sicht hat sich die Ministerin für einen weiteren Verbleib im Amt jedenfalls disqualifiziert.“