Der Hessische Landtag hat heute über zwei konkurrierende Gesetzentwürfe zur Beteiligung des Parlaments beim Erlass von Infektionsschutzmaßnahmen in der Corona-Pandemie debattiert. Die Oppositionsfraktionen von SPD und Freien Demokraten hatten einen Gesetzentwurf eingebracht, der sich im Wesentlichen an einem entsprechenden Gesetz in Baden-Württemberg orientiert. Der Entwurf der Regierungsfraktionen von CDU und Grünen sieht im Vergleich dazu deutlich weniger Mitsprachemöglichkeiten für das Parlament vor.

In der Plenardebatte sagte die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Nancy Faeser, die Einschränkungen des Alltagslebens durch die geltenden Infektionsschutzmaßnahmen seien unbestreitbar notwendig. Ihr Zustandekommen aber sei eine demokratische Zumutung. „Dass diese Pandemie nur eingegrenzt und dass unser Gesundheitswesen vor einer Überforderung nur bewahrt werden kann, wenn weitreichende Maßnahmen ergriffen werden, steht außer Frage. Aber wenn der Staat in die grundgesetzlich verbrieften Freiheitsrechte der Menschen eingreift, dann brauchen diese Eingriffe – so richtig sie im Sinne des Infektionsschutzes sein mögen – eine demokratische Legitimation. Und die kann ihr nur der Gesetzgeber verleihen, also das Parlament mit seinen frei gewählten Abgeordneten. Keine Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin kann eine Entscheidung des Parlaments ersetzen, keine Rechtsverordnung einer Landesregierung besitzt die demokratische Legitimation eines vom Landtag beschlossenen Gesetzes. Deswegen dringen wir darauf, dass alle einschränkenden Regelungen vom Parlament diskutiert und gebilligt werden.“

Die schwarzgrüne Landesregierung und die sie tragenden Landtagsfraktionen von CDU und Grünen erweckten allerdings den Eindruck, es sei geradezu unbotmäßig, wenn die Opposition eine demokratische Selbstverständlichkeit einfordere, nämlich die geordnete Beteiligung des Parlaments, so Faeser, die weiter sagte: „Es ist für niemanden zumutbar, wenn die Landesregierung in der Corona-Krise per Rechtsverordnung durchregiert – nicht für die Mitglieder des Landtags und auch nicht für die Bürgerinnen und Bürger. Es ist auch nicht gut, wenn die Landesregierung durchregiert: Das Hin-und-Her beim Beherbergungsverbot zum Beispiel hätte man der Hotelbranche und den Reisenden ersparen können, wenn es vor der entsprechenden Verordnung eine umfassende Meinungsbildung im Hessischen Landtag gegeben hätte. Regierungshandeln in einer öffentlichen Debatte erklären und rechtfertigen zu müssen, mag Schwarzgrün lästig erscheinen – aber es gehört zum Prozess der demokratischen Willensbildung.“