„Die Lehrerinnen und Lehrer in Hessen müssen sich wieder auf das Unterrichten und ihre Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern konzentrieren können. Gute Unterrichtsqualität ist nur zu erreichen, wenn wir sie von Bürokratie entlasten und stärker unterstützen“, forderte der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Christoph Degen am Freitag in Wiesbaden. „Sie sind Pädagogen und keine Verwaltungsfachangestellten. Die brauchen Schulen auch, aber zusätzlich zum Lehrpersonal.“
Degen wiederholte die Forderungen der SPD, den Schulen flächendeckend Verwaltungsfachkräfte zur Verfügung zu stellen, Schulen viel stärker Lehrkräfte nach den jeweiligen Herausforderungen zuzuweisen und gemeinsam mit den Trägern vor Ort Schulsozialarbeit an jede hessische Schule zu bringen.
Die fast 30 neuen Überlastungsanzeigen von nordhessischen Schulen, die Anfang dieser Woche an das Kultusministerium geschickt wurden, seien ein Beleg für die mangelnde Wertschätzung und Desinteresse von Schwarz-Grün für die Situation von Lehrkräften. Auf Anfrage der SPD hatte der Kultusminister schon im August bestätigt, dass allein im letzten Schuljahr 95 Anzeigen von Kollegien eingereicht worden sind.
„Die Belastung der Lehrerinnen und Lehrer hat über Jahre stetig zugenommen, aber weder CDU noch Grüne sehen Handlungsbedarf. Obwohl die Situation bekannt ist, werden stattdessen Gewerkschafts- und Schülervertreter diffamiert und die Realität ausgeblendet, weil sie nicht in die Regierungssprechblase passe. Der Minister ist überfordert, die Koalition ideenlos“, so Degen. Die These, dass es hessischen Lehrkräften im Vergleich zu denen in anderen Bundesländern besser gehe, entbehre jeder Glaubwürdigkeit, wenn ein Hilferuf nach dem anderen im Ministerium eingehe. „Wir brauchen eine Kultur des Zuhörens und eine Suche nach individuellen Lösungen. Stattdessen erhalten Kollegien nicht einmal eine Eingangsbestätigung auf ihre Überlastungsanzeigen. So geht man nicht mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um“, sagte Degen.
„Auch unter Schwarz-Grün lautet das Motto: nichts sehen, nichts hören, nichts tun. Das ist stillos und unverfroren.“ Eine wissenschaftliche Studie der Universität Göttingen zeige, dass der Anteil der reinen Unterrichtszeit der Lehrkräfte nur noch zwischen 30 und 40 Prozent liege. Außerdem müssten heute Lehrkräfte fast aller Lehrämter in Hessen mehr Stunden unterrichten als im Jahre 1975. Im Gegensatz zu damals werde die Belastung noch durch Verhaltensprobleme von Schülerinnen und Schülern und eine nachlassende Unterstützung durch Eltern verschärft. Heute gebe es kaum noch Lehrkräfte, die die Regelaltersgrenze gesund erreichten, weil sie entweder krankheitsbedingt vorzeitig aus dem Dienst ausscheiden oder eine Teilzeitstelle gehen, um das Pensum zu schaffen. Diese verhängnisvolle Entwicklung gelte es endlich zu stoppen und umzukehren“, so der SPD-Bildungsexperte.