Wegen der Freilassung von sechs Untersuchungshäftlingen, die wegen schwerster Gewalttaten angeklagt sind, beantragt die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag eine Sondersitzung des Rechtsausschusses des Landtags. Das Oberlandesgericht (OLG) in Frankfurt hatte am vergangenen Freitag mitgeteilt, die sechs Männer hätten aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen, weil das für die Fälle zuständige Landgericht überlastet sei und die Verhandlungen gegen die Angeklagten nicht in einem angemessenen Zeitraum habe terminieren können.
Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Gerald Kummer, sagte dazu am Montag in Wiesbaden:
„Der Justizminister ist in der Pflicht, das Parlament umgehend über die Einzelheiten dieses unfassbaren Vorgangs zu informieren. Daher beantragen wir die Sondersitzung des Rechtsausschusses.
Das zuständige Landgericht hat bereits im April dieses Jahres seine Überlastung angezeigt und darauf hingewiesen, dass gefährliche Gewalttäter aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen, wenn keine personelle Verstärkung gestellt würde. Aber im Justizministerium tat man – gar nichts. Auch der heutige CDU-Justizminister Roman Poseck hat, als er noch Präsident des OLG war, vor genau dieser Situation gewarnt. Damals bezeichnete er es als ‚Bankrott des Rechtsstaats‘, sollten angeklagte Straftäter aus der U-Haft entlassen werden müssen, weil die Gerichte wegen Überlastung nicht mehr alle anstehenden Verhandlungen führen können. Nun ist der Bankrott da, der Rechtsstaat macht sich in Hessen vor den Augen der Öffentlichkeit lächerlich.
Wir erwarten, dass der Justizminister jetzt nicht nur die Probleme, die seit langem bekannt sind, beschreibt, sondern diese Probleme endlich löst. Es ist seine Aufgabe dafür zu sorgen, dass die hessischen Gerichte wieder ordentlich arbeiten können. Planstellen für den nächsten Landeshaushalt anzukündigen, ist jedenfalls keine Lösung. Denn Planstellen, die nur auf dem Papier stehen, führen keine Gerichtsverhandlungen und fällen keine Urteile. Das tun nur Richterinnen und Richter – und die fehlen. Roman Poseck muss darlegen, wie er den eklatanten Personalmangel an den hessischen Gerichten kurzfristig beseitigen will, damit ein weiterer Rufschaden für den Rechtsstaat und seine Institutionen verhindert werden kann.“