Noch während der Hessische Landtag heute über die jüngsten Fälle von tatsächlichem und vermeintlichem Fehlverhalten bei der Polizei debattierte, veröffentlichte die Tageszeitung taz auf ihrer Homepage das Ergebnis der neuesten Recherchen zur Drohbrief-Affäre und dem NSU-2.0-Komplex. Die Zeitung berichtet, dass Ende Juni erneut ein rechtsextremes Drohschreiben verschickt wurde, in dem die neue Wohnadresse der Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız genannt wurde.
„Diese Information müssen der oder die Urheber des widerlichen Schreibens in jüngster Zeit recherchiert haben – denn Frau Başay-Yıldız ist vor nicht allzu langer Zeit umgezogen. Die nun genannte Adresse kann also nicht aus der unrechtmäßigen Abfrage der Polizeidatenbank von vor zwei Jahren stammen, als die ersten Drohschreiben eingegangen sind“, erläuterte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Günter Rudolph.
Ob es im zeitlichen Zusammenhang mit der neuerlichen Drohung gegen Seda Başay-Yıldız auch wieder eine Datenabfrage im Informationssystem der hessischen Polizei gegeben hat, ist derzeit unklar. Nach Angaben der taz wollten weder das Innenministerium noch das Landeskriminalamt (LKA) zu der Frage Stellung nehmen, ob eine missbräuchliche Nutzung der Polizeidatenbank überhaupt geprüft wurde. Auch die Staatsanwaltschaft in Frankfurt wollte sich „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht äußern.
„Der Innenminister kann sich in dieser Affäre nicht wegducken, er muss sagen, was Sache ist. Das ist er der Öffentlichkeit, vor allem aber denen, die wiederholt bedroht werden, schuldig. Dass die Ermittlungen, die seit Monaten und Jahren laufen, noch immer kein Ergebnis gebracht haben, ist blamabel und skandalös“, sagte Günter Rudolph.
Scharf kritisierte er auch die Informationspolitik des amtierenden Innenministers Peter Beuth (CDU) gegenüber dem Landtag: „Offensichtlich ist dem LKA das jüngste Drohschreiben seit Mitte Juli bekannt. Und wieder hat es der Innenminister nicht für nötig gehalten, den Innenausschuss des Landtags zu informieren. Stattdessen erfahren wir davon wieder aus den Medien. Ich frage mich, wieso der Minister denselben Fehler – nämlich das Parlament unwissend zu halten – immer wieder macht. Offensichtlich hat Herr Beuth in der seit mehr als zwei Jahren schwelenden Drohbrief-Affäre absolut nichts dazugelernt.“