Es gibt Zeiten, da helfen alte Angewohnheiten nicht weiter. So war es bisher üblich, dass nach Wahlen in den Vorständen der SPD nach einer Wahlanalyse ein paar Vorschläge gemacht werden, wie es inhaltlich weiter gehen soll. Doch diese Wahlniederlage ist so hart, dass es an der Zeit ist, auf einer anderen Ebene zu diskutieren. Deshalb hat der Bezirksvorstand, statt inhaltliche Vorschläge zu formulieren, sich damit beschäftigt, wie ein breiter auf allen Parteiebenen stattfindender offener Diskussionsprozess angestoßen werden kann. Dafür müssen wir uns Zeit nehmen, mahnt er.
Welcher Weg führt aus der Krise? Der Bezirk fordert auch mit Blick auf den Bundesparteitag im November eine ehrliche Bilanz der bisherigen Partei- und Regierungspolitik und einen breiten und offenen Diskussionsprozess über die unumgängliche Erneuerung der Partei. Einen Prozess, der die demokratische Basis der Partei auf allen Ebenen stärkt und zu transparenten Entscheidungen führt.
Die Diskussion soll eine öffentliche Diskussion werden, mit einem Dialog nach innen und außen. Nach innen durch eine nachhaltige Einbeziehung der Mitglieder, nach außen zu Bürgern, gesellschaftlichen Gruppen und Verbänden.
Die Basta-Politik vergangener Jahre sei untauglich gewesen, der Umgang untereinander müsse von gegenseitigem Respekt, Langfristigkeit und gegenseitigem Zuhören geprägt sein, heißt es. Die gemeinsam demokratisch beschlossenen Positionen seien gemeinsam zu vertreten. Wir dürfen nicht den Eindruck vermitteln, dass die SPD aus mehreren Parteien besteht.
Kritik gibt es an der Art von Personalentscheidungen. Wir wollen eine Personalauswahl, die nicht in Hinterzimmern stattfindet, sondern einen offenen Wettbewerb vor der Partei mit Vorstellungs- und Diskussionstouren der Kandidaten für die Spitzenparteiämter. Die SPD habe ein enormes Potenzial an politischen Talenten und Sachverstand, widerspricht der Bezirk selbstbewusst der vielzitierten Aussage, es gebe in der Partei keine Köpfe mehr.
Ziel müsse sein, Mitgliederpartei zu bleiben. Doch Mitgliedschaft heißt nicht nur E-Mails zu erhalten, Plakate zu kleben und Faltblätter zu stecken. Das attraktive Angebot zum Parteieintritt ist die reale Beteiligung an politischen Entscheidungen und gesellschaftlicher Gestaltung.
Eine ehrliche Bilanz von elf Regierungsjahren sei für eine Neuaufstellung unerlässlich. Dabei müsse man sich auf seine Grundwerte zurückbesinnen und sich daran erinnern, dass man fast immer aus diesen Werten heraus und nur selten gegen sie gehandelt habe. Die Zusammenlegung von Arbeit und Sozialhilfe habe man propagiert, um Menschen in Arbeit zu bringen und nicht um ihnen zu schaden.
Dann gelte es, Zukunftsfelder zu bestimmen. Kern ist soziale Gerechtigkeit mit Chancengleichheit, Bildung und Aufstieg. Die Stärke der SPD liege darin, soziale Gerechtigkeit mit verschiedenen Lebensrealitäten, Biografien und gesellschaftlichen Fragen in Beziehung zu setzen. Das ureigene sozialdemokratische Versprechen, dass jeder durch Arbeits- und Bildungseifer einen gesellschaftlichen und ökonomischen Aufstieg für sich und seine Kinder erreichen kann, muss glaubwürdig erneuert werden.
In Hessen-Süd gilt die Arbeit einer Wiedergewinnung von Mehrheiten bei den Kommunalwahlen 2011 und bei der Landtagswahl 2014. Die SPD habe sich immer aus ihrer Arbeit in den Kommunen sowie im Land heraus erneuert. Aus unserem Selbstverständnis heraus ist Kommunalpolitik nicht die dritte oder vierte Ebene politischen Handels, sondern eigenständige Kraft und Kategorie.