Mit Viktor Orbán hat die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ erstmals einen europäischen Regierungschef auf ihre Liste der Feinde der Pressefreiheit gesetzt. Auf der Liste finden sich Namen wie Eritreas Präsident Isaias Afewerki, Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping, Syriens Machthaber Baschar al-Assad und der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko.

Angelika Löber, SPD-Abgeordnete im Hessischen Landtag: „Bisher ist dieses fragwürdige Privileg nur Präsidenten und Lenkern autoritärer und diktatorisch geführter Staaten vorbehalten. Einen europäischen Staatschef in der Aufzählung zu finden ist beschämend und zugleich ein Warnsignal. Auch in Europa nimmt die Zahl der Angriffe auf und Repressionen gegen Journalistinnen und Journalisten zu.“ Seit Orbán und seine Fidesz-Partei 2010 in Ungarn an die Regierung gekommen seien, hätten sie die Medienlandschaft Schritt für Schritt unter ihre Kontrolle gebracht und dadurch wichtige, unabhängige Medien ausgeschaltet. „Gerade die Instanz also, die für die Kontrolle der Regierung unerlässlich ist“, sagt Löber.

Auch in Deutschland und Hessen beobachte sie mit Sorge eine ähnliche Entwicklung. Immer wieder würden Journalisten angefeindet und mitunter auch bedroht. 2020 hätte Reporter ohne Grenzen in Deutschland 65 körperliche Übergriffe auf Journalisten registriert – so viele, wie noch nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen. In Hessen sei die Zahl der Fälle in den vergangenen fünf Jahren von einem auf immerhin schon sieben in 2019 gestiegen. Erst im März sei es bei der Querdenker-Demo in Kassel zu mehreren Beleidigungen und Übergriffen auf Journalistinnen und Journalisten gekommen, die mehr durch die Polizei geschützt werden müssten.  „Das Wort Lügenpresse ist längst zu einem feststehenden Begriff geworden, der von denjenigen verwendet wird, die keine Meinungen außer ihrer eigenen dulden. Die Presse muss zur Ausübung ihrer Aufgaben unabhängig und frei sein. Wenn wir das in Frage stellen, stellen wir auch einen Teil unserer Demokratie in Frage“, so Löber.