Zu dem Vorschlag der schwarzgrünen Regierungskoalition zum weiteren Umgang mit der Petition zur Offenlegung von Unterlagen aus dem NSU-Komplex sagte der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Günter Rudolph, am Donnerstag in Wiesbaden:

„Sieben Monate haben CDU und Grüne gebraucht, um zu einem so genannten ‚Verfahrensvorschlag‘ zu kommen, der nichts anderes als ein durchschaubares Spiel auf Zeit ist. Nun soll also ein Ex-Staatssekretär des hessischen Justizministeriums die Unterlagen erneut ‚sichten‘ und ‚etwaige offene Fragen bestmöglich beantworten‘. Allerdings stellt sich die Frage, welche neuen Erkenntnisse der Staatssekretär a.D. aus den Akten gewinnen könnte.

Tatsächlich geht es Schwarzgrün offenkundig nicht um einen Zugewinn an Erkenntnis, sondern um einen Zugewinn an Zeit. CDU und Grüne möchten sich so lange wie möglich vor einer Entscheidung über die Offenlegung der NSU-Berichte drücken – am liebsten vermutlich bis zur nächsten Landtagswahl.

Nur zur Erinnerung: Es geht hier um zwei Berichte aus den Jahren 2013 und 2014, in denen zusammengefasst wurde, welche Ergebnisse die Sichtung von NSU-Akten beim Landesamt für Verfassungsschutz erbracht hat. Teile dieser Berichte sind schon vor längerer Zeit in die Öffentlichkeit gelangt. Mehr als 130.000 Menschen haben eine Petition unterzeichnet, mit der die vollständige Offenlegung der in Frage stehenden Unterlagen gefordert wird. Schon im Mai vergangenen Jahres, als sowohl der Petitionsausschuss als auch das Plenum des Hessischen Landtags über die Petition diskutiert haben, fehlte CDU und Grünen der Mut zu einer Entscheidung. Statt die Eingabe abzulehnen oder zu befürworten, haben die Regierungsfraktionen die Petition als ‚Material‘ an die Landesregierung weitergereicht.

Das war damals ebenso schwer erträglich wie heute der ‚Verfahrensvorschlag‘ von Schwarzgrün. Entweder, man gibt die Unterlagen frei – oder man begründet, warum man sie nicht frei geben möchte. Je länger die Koalition in dieser Frage eine durchsichtige Verzögerungstaktik fährt, umso drängender wird die Frage, vor welchen Inhalten der Berichte sich insbesondere die CDU und ihre Innenminister von Bouffier bis Beuth eigentlich so sehr fürchten.“