In einer Pressekonferenz wurde heute eine Studie zur „Prognose der Schüler*innenzahl und des Lehrkräftebedarfs an berufsbildenden Schulen in den Ländern bis 2030“ im Auftrag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) durch das Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) vorgestellt. Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Christoph Degen, sagte dazu am Dienstag in Wiesbaden: „Wir brauchen deutlich mehr Anreize statt Sprücheklopferei, um die berufliche Bildung zu stärken. Ständig die duale Ausbildung zu loben, aber die berufsbildenden Schulen zu vernachlässigen, ist scheinheilig.“

Degen forderte die schwarzgrüne Landesregierung auf, den Vorschlag der SPD aufzugreifen und ein Hessenstipendium für Mangelfächer zu initiieren, um den eklatanten Lehrkräftemangel zu beenden. Obwohl seit vielen Jahren an den beruflichen Schulen Lehrkräfte fehlten, passiere nichts. „Es muss endlich gehandelt werden, damit die Berufsbildung nicht weiter ins Hintertreffen gerät. Die CDU-geführten Landesregierungen verschlafen, rechtzeitig ausreichend Lehrkräfte auszubilden. Jetzt fährt der Karren an die Wand – auf Kosten der jungen Leute und der Wirtschaft, der dringend Fachkräfte fehlen.“

Zu den seit vielen Jahren bekannten Mangelfächern wie Metall- und Elektrotechnik, seien inzwischen Chemie, Biologie, Physik sowie Informatik hinzugekommen. Auch in den Fachrichtungen Gesundheit, Sozialwesen und Sozialpädagogik könne der Bedarf an Lehrkräften in Hessen schon heute nicht gedeckt werden. „Angesichts weiter steigender Schülerzahlen und dem Ausscheiden von rund 4.000 Lehrkräften wird sich das Problem weiter verschärfen. Um den künftigen Bedarf einigermaßen zu decken, brauchen wir mehr Anreize zur Aufnahme des Studiums und eine nachhaltige Lehrerbildung, die sich an aktuellen Zahlen orientiert.“

Wie die Studie zeige, liege der Einstellungsbedarf bei rund 300 Berufsschullehrkräften in Vollzeit pro Jahr. In Hessen verließen aber nur 149 Lehrkräfte pro Jahr die Hochschule mit einem entsprechenden Abschluss. Dies sei ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Lehrerausbildung in den letzten Jahren völlig unterschätzt und vernachlässigt worden sei, so Degen.

Zudem bestehe ein enormer Investitionsbedarf an den Berufsschulen in Hessen, den die Schulträger selbst, auch mit Hilfe von Sponsoren, nicht decken könnten. „Die beruflichen Schulen müssen in die Lage versetzt werden, ihre Funktion, junge Menschen auf die neue digitale Arbeitswelt praxisorientiert vorzubereiten, zu erfüllen. Aber auch für Inklusion, Integration und Digitalisierung fehlt Personal. Wer einer Berufsschule mit rund 1.800 Schülern, darunter 800 Auszubildende, nur 10 Förderstunden zur Verfügung stellt, hat weder die Chancen von Integration und Inklusion noch den Nutzen für eine erfolgreiche Ausbildung/die Ausbildungsbetriebe begriffen“, so der Bildungsexperte abschließend.