Die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag hat ihre Kritik an der Ausgestaltung des Fremdsprachenunterrichts an den Schulen des Landes erneuert. Es sei nicht hinnehmbar, dass in der Bevölkerung häufig gesprochene Sprachen wie Türkisch oder Griechisch auch in Zukunft nicht als zweite oder dritte Fremdsprache an hessischen Schulen unterrichtet würden, sagte die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Nancy Faeser am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wiesbaden.
„Wenn die Landesregierung plant, Sprachen wie Portugiesisch, Arabisch, Chinesisch oder Polnisch als Wahlpflichtfächer in das Curriculum der hessischen Schulen aufzunehmen, ist dagegen natürlich nichts zu sagen. Aber wenn dabei die im Alltag meistgesprochene Sprache Türkisch auf der Strecke bleibt, ist das geradezu absurd, denn die Nachfrage ist da: Mehr als die Hälfte des herkunftssprachlichen Unterrichts an hessischen Schulen findet im Fach ‚Türkisch‘ statt. Diese Tatsache zu ignorieren bedeutet, die türkische Gemeinde in Hessen zu ignorieren“, kritisierte Faeser.
Einen Vorstoß der SPD zur Aufwertung von Türkisch und Griechisch als Fremdsprachen an hessischen Schulen habe die schwarzgrüne Regierungskoalition im Landtag abgelehnt. Dies komme einer Absage an die Förderung der Mehrsprachigkeit und an die Chancengleichheit gleich, so Faeser. Die Aufwertung des herkunftssprachlichen Unterrichts trage dazu bei, eine Brücke zwischen den Kulturen zu schlagen. Nancy Faeser sagte: „Wir alle wünschen uns bei Polizei und in den Schulen mehr Beamte mit interkultureller Kompetenz. Deswegen kann auch für deutschstämmige Schüler spannend sein, Türkisch als zweite oder dritte Fremdsprache zu wählen. Das wird aber nur passieren, wenn sichergestellt ist, dass entlang eines ordentlichen Lehrplans unterrichtet wird, dass die Sprache dauerhaft, also bis zum Ende der Schullaufbahn angeboten wird. Und: Es geht nicht darum, Türkisch oder Griechisch zu verpflichtenden Schulfächern zu machen, sondern es geht darum, den Unterricht in diesen Fächern wenigstens zu ermöglichen. Das verweigern CDU und Grüne derzeit.“
Atila Karabörklü, der Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, sagte, wichtige Sprachen wie Türkisch und Griechisch nicht in den Fremdsprachenkanon aufzunehmen, festige gesellschaftliche Diskriminierung: „Die Sprache der vielen in Hessen verwurzelten Türken darf weder ausgeblendet noch ignoriert werden. In einer Zeit, in der die gesellschaftliche Polarisierung zunimmt, befürchten wir, dass diese Fehlentscheidung der Landesregierung den politischen und gesellschaftlichen Diskurs in Hessen nachhaltig und schwerwiegend weiter belasten wird. Wir appellieren deswegen an die Landesregierung, dieses Versäumnis zeitnah zu korrigieren und die Sprachen Türkisch und Griechisch an hessischen Schulen als Wahlpflichtfächer einzuführen“.
Arif Arslaner von der „Initiative für Fremdsprachen“, die 20.000 Unterschriften für Türkisch-Unterricht an hessischen Schulen gesammelt hat, stellte fest: „Türkisch ist die meistgesprochene Herkunftssprache. Die Türkei ist wichtiger Handelspartner für Hessen. Die türkische Sprache ist wichtig für die Handelsbeziehungen hessischer Unternehmen mit der Türkei – sowie vielen weiteren Ländern und Regionen Vorderasiens und Südosteuropas, wo Türkisch ebenfalls weit verbreitet ist. Auch Griechisch sollte als Wahlpflichtfach eingeführt werden.“
Turgut Yüksel, der integrationspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, kündigt an: „Die SPD-Fraktion wird sich weiter dafür einsetzen, dass in Hessen häufig gesprochene Herkunftssprachen wie Türkisch und Griechisch als zweite oder dritte Fremdsprache an Schulen angeboten und aufgewertet werden. Was die schwarzgrüne Landesregierung tut, sendet ein verheerendes politisches Signal der Zurückweisung in Richtung der betroffenen Communities. Das gilt auch für den Modellversuch ‚Türkisch‘, den der Kultusminister in Aussicht gestellt hat: Wieso braucht man hier einen Modellversuch, bei Polnisch und Chinesisch aber nicht?“