Der Haushaltsentwurf für das Jahr 2020, den der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) heute vorgestellt hat, ist nach Ansicht von Marius Weiß „ambitionslos und wenig innovativ“. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag kritisierte, dass der Finanzminister die so genannte „schwarze Null“ im Landeshaushalt für das kommende Jahr nur durch eine Rücklagenentnahme in Höhe von 541 Millionen Euro sicherstellen könne.
Weiß sagte am Montag in Wiesbaden: „Der Finanzminister hat 2020 voraussichtlich 1,5 Milliarden Euro mehr zur Verfügung als im Vorjahr. Und trotzdem will er mehr als eine halbe Milliarde aus den Rücklagen nehmen, um seinen Haushalt auszugleichen. Das ist absurd.“
Der Finanzminister selbst hatte am Montag mitgeteilt, dass er für das kommende Jahr mit einem Anstieg der Steuereinnahmen um rund eine Milliarde Euro rechne. Darüber hinaus entlaste der neu gestaltete Bund-Länder-Finanzausgleich das Land Hessen um 573 Millionen Euro im Jahr. „Ein Finanzminister, der unter derart günstigen Rahmenbedingungen gerade einmal 100 Millionen Euro übrig hat, um alte Schulden zurückzuzahlen, und gleichzeitig 541 Millionen aus der Rücklage nehmen muss, um die schwarze Null zu erreichen, macht offensichtlich etwas falsch. Man mag sich gar nicht vorstellen, in welch schwere See der Landeshaushalt mit dem Schönwetter-Minister Schäfer geraten muss, wenn sich eines Tages die Konjunktur abschwächt und die Steuereinnahmen sinken“, warnte Marius Weiß.
Der SPD-Haushaltspolitiker kritisierte, dass die dringend erforderlichen Investitionen des Landes in die Infrastruktur nach wie vor zu niedrig seien. Vor allem beim Straßenbau reichten die geplanten Mittel bei weitem nicht aus, um die Versäumnisse der Vergangenheit auszugleichen. Weiß sagte: „Nachdem die CDU-Regierungen seit 1999 faktisch die gesamte öffentliche Infrastruktur auf Verschleiß gefahren haben, hätte ein verantwortungsbewusste Finanzminister die hervorragende Finanzlage der letzten Jahre für massive Ersatzinvestitionen und Neubauprojekte nutzen müssen. Minister Schäfer aber plant auch in guten Jahren so, dass sich am fortschreitenden Verfall unserer Straßen und Schienen nichts ändern wird.“
Selbst beim Radwegebau scheitere die Landesregierung: Gerade einmal acht Millionen Euro seien für das entsprechende Programm im kommenden Jahr veranschlagt, bemängelte Marius Weiß. „An dieser Stelle belegt der Haushaltsentwurf 2020, dass Schwarzgrün das Fahrrad als Verkehrsmittel nach wie vor nicht ernst nimmt. So wird das nichts mit der Verkehrswende für Hessen.“
Erschwerend komme hinzu, dass weite Teile der Landesverwaltung in zwanzig Jahren CDU-Regierung durch drastische Personalkürzungen ihre Leistungsfähigkeit eingebüßt hätten und selbst wichtige Vorhaben gar nicht mehr umsetzen könnten. Marius Weiß sagte: „Der Finanzminister hat heute berichtet, dass der vollständige Abfluss der Haushaltsmittel eine ‚zentrale Herausforderung‘ für den Landeshaushalt sei. Das heißt auf Deutsch: Das Land kann das Geld, das zur Verfügung steht, gar nicht ausgeben, weil selbst bei existenziellen Projekte niemand mehr da ist, der diese Projekte planen und steuern könnte. Der schlanke Staat, von dem die CDU immer geträumt hat, ist inzwischen magersüchtig.“
Im parlamentarischen Verfahren zur Verabschiedung des Haushalts 2020 müsse sich der Finanzminister erklären, so Marius Weiß: „Zu wenige Investitionen, zu wenig Personal, zu wenig Abbau von Altschulden, zu wenig Unterstützung für die Kommunen – und das alles bei anderthalb Milliarden Mehreinnahmen allein im kommenden Jahr. So darf ein Haushalt, der die Zukunft unseres Landes gestalten soll, nicht aussehen.“