Nach der heutigen Pressekonferenz des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses Hanau, Marius Weiß (SPD), zur Zwischenbilanz des Ausschusses hat Heike Hofmann, Obfrau im UNA 20/2 für die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, ebenfalls Zwischenbilanz gezogen:

„Für uns als SPD-Fraktion war und ist es im Untersuchungsausschuss weiterhin besonders wichtig, den Angehörigen und Überlebenden schnell Gehör zu verschaffen und sie bei ihrer Forderung um Aufklärung zu unterstützen.“ Aus den Aussagen der Angehörigen und Überlebenden seien für die SPD-Fraktion wichtige Erkenntnisse hervorgegangen:

  1. Der Umgang mit den Opfern, den Überlebenden und ihrer Angehörigen müsse verbessert werden. Die Maßnahmen der Behörden in der Tatnacht, aber auch danach seien unzureichend gewesen. Alle Angehörigen und Überlebenden hätten bemängelt, dass sie nicht richtig aufgeklärt und auch mit der Bewältigung der Situation im Stich gelassen worden seien. Die Opferbegleitung und – betreuung müsse künftig in professionelle Hände gelegt werden.
  2. Die bisher vernommenen Sachverständigen zur Einsatztaktik hätten das Bild einer Überforderung von Einsatzkräften und Behörden bestätigt und immer wieder den Personalmangel betont. Der Personalmangel sei – bildlich gesprochen – der Anfangsstein gewesen, der weitere Steine einer Fehlerkette ins Rollen gebracht hätte.
  3. Darüber hinaus müsse das Waffenrecht verschärft werden. Waffen gehörten nicht in die Hände von psychisch kranken Menschen und nicht in die Hände von Rechtsextremen.
  4. Die Aufbewahrungsfristen von Daten bei den Gesundheitsämtern müssten verlängert werden, insbesondere betreffend festgestellter Diagnosen psychischer Erkrankungen. Nur so sei es den Waffenbehörden durch ein entsprechendes Auskunftsverlangen möglich, von psychischen Erkrankungen Kenntnis zu erlangen und gefahrenabwehrend tätig zu werden.
  5. Die Zusammenarbeit und die Kommunikation zwischen den zuständigen Behörden müsse weiter verbessert werden. Zudem sollten Dokumentationsstandards verpflichtend eingeführt werden, um die getroffenen Maßnahmen transparenter zu machen und ggf. eine Kontrolle dieser zu ermöglichen.
  6. Es müsse eine neue Fehler- und Führungskultur vom verantwortlichen Minister geschaffen werden, beginnend bei den Führungskräften sowie für alle Bereiche der Sicherheitsbehörden.

Darüber hinaus sei für die SPD-Fraktion weitere Aufklärung folgender Bereiche von besonderer Bedeutung:

  1. Das Verhalten der Waffenbehörde des Main-Kinzig-Kreises um die waffenrechtlichen Erlaubnisse des Täters. Der Notruf, insbesondere dessen Erreichbarkeit und die Abläufe. Der Notausgang. Vor dem Hintergrund bedauere die SPD-Fraktion, dass das laufende Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Mitarbeiter der Waffenbehörde des Main-Kinzig-Kreises die Aufklärung in diesem Bereich beeinträchtige.
  2. Klärung in der Frage, wann der Generalbundesanwalt in der Tatnacht die Ermittlungen an sich gezogen habe.
  3. Stellungnahme des Generalbundesanwalts zum Grad der Schwärzungen der Akten, sowie dem Ausschuss offenkundig noch nicht vorgelegte Videodateien. Dieses Verhalten sei mehr als befremdlich. Die SPD-Fraktion führe weitere, dem Untersuchungsausschuss nicht vorliegenden Erkenntnisse, so zum Beispiel das Gutachten von Forensic Architecture, in die Beweisaufnahme mit ein.

Die SPD-Fraktion hoffe nun in den nächsten Sitzungen des Untersuchungsausschusses, in denen es um die Kernthemen „Notruf und Notausgang“ gehen wird, auf wichtige Erkenntnisse.

„Uns beschäftigt weiterhin die Frage, ob der Tod von Vili-Viorel Păun und sogar der zweite Tatort hätten verhindert werden können, wenn der Notruf für alle Anrufer in der Tatnacht erreichbar gewesen wäre. Dass aufgrund Personalmangels und einer nicht vorhandenen Weiterleitung der Notrufe eine Nichterreichbarkeit bestand, war bis hinauf zum zuständigen Polizeipräsidenten bekannt. Demnach steht ein Verschulden in der Organisation einer effektiven und sicheren Gefahrenabwehr in diesem Punkt bereits jetzt fest. Dafür verdienen die Angehörigen ein Fehlerbekenntnis und eine öffentliche Entschuldigung. Wir sind darüber erschüttert, dass bis zum heutigen Tage der hessische Innenminister Beuth nicht das aufrichtige Gespräch mit den Angehörigen und Überlebenden gesucht hat und sich auch nicht für Fehler, die passiert sind, entschuldigt“, so Heike Hofmann.